Richtig verstanden und angewendet könnte “Marketing” für notwendige Veränderung im Bildungssystem sorgen. Beginnend mit Personalmarketing. Schulleitungen sollten das Folgende lesen …
Hintergrund: Vorhin hatte ich (Susanne Braun-Speck) eine falsche Definition von Marketing gelesen – das ausgerechnet auf einer Plattform, welche betriebswirtschaftliches Wissen in Schulen vermitteln möchte. Nein. Marketing ist nicht vergleichbar mit Werbung & Kommunikation! Im Zusammenhang werde ich mir auch Gedanken darüber machen, wie wir unsere Vereins-Angebote “Media4Teens & -Schools” marketingstrategisch besser aufstellen können.
Hier folgen zunächst Grundlagen und Bezüge zum Bildungssystem:
Marketing ist, frei nach Meffert* definiert, die bewusste Orientierung des gesamten Unternehmens an den Bedürfnissen des Marktes beziehungsweise der Zielgruppe.
Heribert Meffert ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und leitete von 1968 bis 2002 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster den ersten Marketing-Lehrstuhl Deutschlands. Danach war er Vorstandsmitglied bei der Bertelsmann-Stiftung und ist mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrt worden. Er ist so gesehen der erste deutsche “Marketing-Guru”. Seine Definition von Marketing ist aus den 1970er Jahren. Zuletzt beschäftigte er sich mit Non-Profit-Marketing.
Die klassischen 4 Marketing-Instrumente sind laut ihm:
- Produkt- und Sortiments-
- Distributions-
- Kommunikations- („Werbung“)
- Preispolitik (Kontrahierungs-)
Einige ergänzen den Marketingmix in jüngerer Zeit durch Personal- sowie Standortpolitik.
Diese „neuen“ Marketinginstrumente sind insbesondere in Sachen „Personalmarketing / Employer Branding“ wegen Fachkräftemangel, etc. wichtig. Jeder, der das hier liest und im Bildungssystem arbeitet oder wirkt, wird von alleine den Zusammenhang sehen: Marketing-Maßnahmen könnten also in puncto Lehrkräftemangel helfen.
Im Laufe der Zeit änderte sich das Verständnis von Marketing in der Wirtschaft und wurde mehr und mehr auch auf Institutionen und NonProfits übertragen.
Die American Marketing Association (AMA) definiert Marketing als:
“Die Tätigkeit, den Nutzen von Produkten und Dienstleistungen zu planen, zu entwickeln, zu bewerben und zu vertreiben, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen und die Ziele des Unternehmens zu erreichen.”
Beide Definitionen betonen die Bedeutung der (Kunden-) Bedürfnisse und Wünsche.
Wie sind die Bedürfnisse bei Menschen in Schulen und Non-Profit-Organisationen?
Wenn durch Marketing die Bedürfnisse der Zielgruppen bedient werden sollten, welche wären das?
Das Kernbedürfnis von Non-Profit-Organisationen ist grundlegend: Sinnvolles, Gemeinnütziges leisten und zu diesem Zweck finanziert werden. Doch: Nicht nur bezüglich des Begriffes Marketing, sondern auch in puncto Gemeinnützigkeit gibt es oft ein falsches Verständnis in der Gesellschaft.
Selbstredend ist außerordentliches Engagement von Menschen in NPO´s ein Muss und lebt davon. Aber wie die Inder sagen: “Schlachte nicht die Kuh, die Du melken willst”. Bei NPO-Mitarbeitern (wozu auch Lehrer:innen gehören) gilt entsprechend: sie müssen selbst zu Essen und zu Trinken haben und ihre Miete zahlen können. Bedeutet: Ein Kernbedürfnis der Mitarbeiter ist, bezahlt zu werden, um das eigene Leben zu ermöglichen. Da im Non-Profit-Umfeld, insbesondere bei kleinen Vereinen, zu viel auf unentgeltliche Arbeit gesetzt wird, sind die Engagierten deshalb auch oft fitte Senioren – sie leben von ihrer Rente. Jüngere Menschen müssen dagegen ihrem Beruf nachgehen und können sich nur in begrenztem Rahmen unbezahlt einbringen.
Die großen Non-Profit-Organisationen beschäftigen viele bezahlte Mitarbeiter!
Es wäre unmöglich, etwa die Arbeit der DRK (Deutsches-Rotes-Kreuz) weltweit nur mit kostenfrei Tätigen zu leisten – allein in Deutschland hat die DRK rund 180.000 Angestellte. Greenpeace hat beispielsweise rund 3.300, die Bertelsmann-Stiftung nur 330 Angestellte.
Bedeutet: Für eine Non-Profit-Organisation tätig zu sein, heißt nicht, dass alle Personen unbezahlt arbeiten. Es bedeutet, dass die Organisation an sich nicht gewinnorientiert handelt.
Eine Non-Profit-Organisation erzielt keinen Gewinn und deren Hauptzweck besteht darin, einen gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck zu verfolgen. Dazu zählen Wohltätigkeits-Organisationen, gemeinnützige Stiftungen und Vereine, Kirchen, Schulen, öffentliche Bibliotheken, öffentliche Krankenhäuser und soziale Einrichtungen.
Im Allgemeinen unterscheiden sich NPOs von gewinnorientierten Unternehmen durch folgende Merkmale:
- Zielsetzung: NPOs haben in der Regel eine Mission, die auf die Erfüllung eines bestimmten sozialen, kulturellen oder umweltbezogenen Zwecks abzielt, anstatt auf die Maximierung von Gewinnen.
- Finanzierung: NPOs erhalten ihre Finanzierung in der Regel aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen, Stiftungen oder staatlichen Zuschüssen, anstatt aus dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen.
- Steuerbefreiung: NPOs sind oft von der Zahlung von Steuern befreit, da ihre Arbeit als gemeinnützig gilt.
- Verwaltung: NPOs werden von einem Vorstand oder einer Führungskraft geleitet, die sich ehrenamtlich engagiert oder eine vergleichsweise geringe Vergütung erhält. Gering bedeutet: Sie bekommt keine Dividenden, Boni oder überdurchschnittliches Gehalt.
- Ein Abteilungsleiter beim DRK verdient im Durchschnitt 62.000 € / Jahr; Geschäftsführer zwischen 80 und 115tsd €/Jahr, siehe u.a. hier (RTL-Beitrag) – das zuzüglich Personalnebenkosten.
- Ein beamteter Lehrer z.B. erhält nach E13 eine Besoldung von 88.199,15 € / Jahr in Schleswig-Holstein (siehe Personalkostentabelle). Das sind mit Personalgemeinkosten 114.658,90 € / Jahr und je effektiv Arbeitsstunde 67,79 €
Ersichtlich ist: In einer Non-Profit-Organisation zu arbeiten, bedeutet nicht, selbst kein Geld zu verdienen!
In dem Zusammenhang ist rechtlich zu prüfen, ob der Vorschlag von Bettina Stark-Watzinger (Bundesministerin für Bildung und Forschung), Lehrkräften bei besonderen Leistungen Boni zu bezahlen, einer Non-Profit-Organisation beziehungsweise staatlichen Institution entspricht.
Die Mitarbeiter einer Organisation oder Institution bilden eine Zielgruppe.
Eine Zielgruppe besteht aus Menschen, die als potenzielle Mitarbeiter eines Unternehmens oder “Kunden” für ein bestimmtes Produkt, eine Dienstleistung oder eine Marke identifiziert wurden. Diese Gruppe wird aufgrund gemeinsamer Merkmale, Interessen, Bedürfnisse oder Verhaltensweisen ausgewählt, die sie von anderen Gruppen unterscheidet.
Schulen haben beispielsweise folgende Zielgruppen:
- Mitarbeiter: Schulleiter:innen, Lehrkräfte, Sozial- und Sonderpädagogen, etc.
- Schüler:innen
- und deren Eltern
- Stakeholder,
- wie der Schulträger und die Gemeinde
- oder auch Vereine oder Unternehmen aus der Region
Damit Schulen ihre Marketing-Maßnahmen auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen ausrichten können, müssen sie diese Bedürfnisse zunächst wahrnehmen und erkennen.
In unserem Community-Buch haben wir bereits eine ganze Reihe an Bedürfnissen der Zielgruppe “Mitarbeiter/Lehrkräfte” sowie “Schüler:innen” aufgenommen, erläutert und Vorschläge zum Decken dieser Bedürfnisse geliefert. Beispielsweise zum Thema Stress, Angst und Sorgen, siehe Link.
Wie kann die Zielgruppe “Lehrkräfte” definiert werden? Was sind ihre Bedürfnisse und wie können sie gestillt werden? Welche (Personal-) Marketing-Maßnahmen können eingeleitet werden?
Interessiert ein einem Workshop dazu? Frag gerne an > s.braun-speck@tiefenschaerfe.de